GedichtGedichte

Das Gedicht „Andacht“ stammt aus der Feder von Ludwig Tieck.

Wann das Abendrot die Haine
Mit den Abschiedsflammen küßt, –
Wann im prächt'gen Morgenscheine
Lerchenklang die Sonne grüßt, –

O dann werf ich Jubellieder
In's Lobpreisen der Natur,
Echo spricht die Töne wieder,
Alles preißt den Ew'gen nur.

Mit den Quellen geht mein Grüßen,
Und das taube Herz in mir
Hat dem Gott erwachen müssen,
Der uns schirmet für und für.

Meereswogen laut erklingen,
In den Wäldern wohnt manch Schall:
Und wir sollten nicht besingen,
Da die Freude überall? –

Analyse

Das Gedicht "Andacht" (1796-1798; Epoche der Frühromantik) besteht aus 4 Strophen mit je 4 Versen. Das Reimschema ist ein Kreuzreim [abab cdcd efef ghgh]. Das Metrum ist ein vierhebiger Trochäus. Die ungeraden Verszahlen enden mit einer weiblichen Kadenz und alle geraden Verszahlen mit einer männlichen Kadenz.

Hintergrund

Das Gedicht ist ein Fragment aus dem Lustspiel "Prinz Zerbino, oder die Reise nach dem guten Geschmack", welches Tieck in den Jahren 1796 bis 1798 verfasst und das 1799 veröffentlicht wurde. Das umfangreiche Stück ist eine Fortsetzung der Komödie "Der gestiefelte Kater" (1797). Das Gedicht erscheint ohne Titel in der 7. Szene des 4. Akts, in dem zwei Nebenfiguren, Helikanus und ein Waldbruder, im Gespräch sind.

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