GedichtGedichte

Das Gedicht „Petöfi dem Sonnengott“ stammt aus der Feder von Bettina von Arnim.

Wie Vögel, die kaum befiedert im Frühlicht flattern,
Nächtlich aufrauschen im Nest, - schlummertrunken, -
Wähnend im Schlaf sich zu heben gen Abend oder gen Morgen:
So aus Träumen auffahrend, ungewohnt schwebender Fühlung,
Nicht ihr vertrauend - sinket betäubt ihr zurück,
Schüchterne Vögel, Gedanken -
Nacht ists! - Beteuert der Mond euch und glitzernde Sterne,
Die Flügel verschränkt, duckt ihr zusammen im Nest;
Da schwellen Träume euch den Busen.
Aus der umfangenden Eos Saffrangebinde
Windeln sich los - so träumt ihr - die Morgenwinde und tragen
Goldbewimpelt glorreich durchs leuchtende Blau
Euer Gefieder Helikons Gipfel hinan
Zur schwankenden Flut, die sein Bild malt dem Narziß,
Und er liebt sich in ihr - nur des Liebenden Spiegel ist Liebe -
Wie ihm - schönheitslusttrunken euerm Abglanz zu lauschen
Auf sonniger Welle - sendet lieblich der heitere Gott,
Euch umleuchtend, euer Antlitz zurück euch -
Träumende Vögel, Gedanken!
Und hymnenbeschwingt, durchrudert ihr rhythmusströmenden Lüfte,
Dem tönenden Schwan nach, der frei von der Sorge Befleckung
Siegender Feuer kraftvoll - das trübe Leben, das sterblich nur ist
Über die alles schauende Zeit,
Zum hochwolkigen Zeus
Mit unsterblichem Liede hinauftönt,
Oder in wolkensammelnder Gewitter Sturmbett,
Über Donnergeprassel und wirbelnder Purpurglut
Getragen euch bringt mit sausendem Fittig.
Euch durchschauern nicht am nachtgedeckten Himmel
Die hintreibenden Winde. Denn warm eingehüllt ganz
In deiner Strahlen goldnem Schnee
Wenden das Antlitz sie dir zu, Apollon,
Der herablächelnd wieder sie anglühest, Phöbus Apollon!
Und tönest - so wähnen sie träumend und lauschen -
Zärtlichen Wiegengesang ihnen zu.
Willst du die alles schauende Zeit nicht hinein haben, so laß sie hinaus.
Und während Dunkel auf irrenden Pfaden
Der Menschen Geschicke umkreist,
Preisen den ahnungsvollen Tag sie
In sonnedurchschimmerter Nacht, dir geheiligt, o Taggott.
O wieder zu früh macht Geräusch ihr Phäanszwitschern! -
Horche, Lichtspender! Eh' noch dein siegendes Lied
Mächtig dem Widerhall ruft, dem Jo, im Traum ihr gesungen,
Süßer Zärtlichkeit voll, schlummerempfangen von dir.

Doch jetzt weckt Mondlicht sie,
Das jenseit der Haine scheidend herabsinkt;
Silbern leuchtet der Fluß durch Morgennebel,
Die halb du zerteilest, Himmelwandelnder!
Wie flockigte Herden hinab zur Flut sie treibend.
Schon streift die frühe Schwalbe
Mit schneidendem Flug die kreiselnden Wasser, -
Durchkreuzt lustatmend deine Bahn.
In heiterer Bläue fängt ihr nächtlich Gefieder
Deiner Pfeile blitzenden Glanz auf,
Und am weiten Himmelsbogen erspäht sie
Allein nur deines Tempels Zinne, schützender Gott,
Ihr Nest zu bauen.

So, Leuchtender! der die Himmelsfesten durchmißt,
Ermesse an deines Tempels Gebälk
Mir den Raum - klein, wie ein Vöglein bedarf -
Wo ich schlafe, in Träumen dir nach mich schwingend,
Wo dein frühester Strahl mich weckt
Und wie die Schwalbe die Flügel ich netze im Quell
Zwischen Reigen goldumschleierter Musen
Silbern - dem Rossehuf entsprudelnd - hinab vom Gipfel,
Der von allen stolzen Gebirgen zuerst am Morgen
Den purpurhüllenden Mantel abwirft vom Nacken,
Deinem feuerküssenden Strahl.
Dann wie die Schwalbe durchkreuz ich deine Bahn
Mit morgenfrischem Hauch, fort bis zum Abend
In deinem Licht, milder Gott, mich freuend,
Und beseligt, daß dein ich gehöre,
Berg ich, beim Sternenlicht im Nest mich am Tempel,
Wo du, Wissender! der Menschen sterbliche Sinne
Unsterblich erleuchtest.
Da schlaf süß ich - in Träumen schüchtern deiner Saiten Spiel rührend,
Und mich freuet ihr Klang, wie denn selber du anschlägst das Erz.
Gewaltiger! - geheimnisvoll emporblühende Göttersprache strömend.
Dann in geträumten Zwielicht blitzet vergoldet der Hain
Des heiligen Lorber, und am wankenden Zweig
Bersten schwellende Knospen dem kommenden Tag.

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