GedichtGedichte

Das Gedicht „Wilde Rosen“ stammt aus der Feder von Louise Aston.

Ich begrüße euch, ihr Rosen,
In der Freiheit wilder Pracht,
Eingewiegt von Sturmestosen,
Großgesäugt vom Tau der Nacht!
Nicht im traulichen Gehege,
In des Gartens Mutterschoß,
Ohne eines Gärtners Pflege
Wird das Kind der Berge groß.

Wolken, die sich niedersenken,
Wolken voll Gewitterglut,
Müssen seine Kelche tränken,
Tränken mit lebend'ger Flut.
Drüberhin im Abendrote
Träumerisch die Höh'n erglüh'n,
Und der Blitz, der irre Bote,
Grüßt es im vorüber flieh'n.

Einen Kranz von wilden Rosen
Wand das Schicksal mir in's Haar,
Mir, der Fremden, Heimatlosen,
In den Stürmen der Gefahr.
Wilde Rosen: – die Gedanken,
Voll von Lebens-Übermut,
Wuchernd auf in üpp'gen Ranken,
Prangend in Gewitterglut!

Doch zu früh ins wilde Leben
Trieb mich eine finstre Macht;
Meiner Jugend Bilder schweben
Einsam durch den Traum der Nacht!
Und von Missgeschick zerschmettert
Klagt in Trauer mein Gemüt:
Meine Rosen sind entblättert,
Ihre Farbenpracht verglüht!

Einsam, wie dem Geisterzuge
Blinde Seher einst gelauscht;
Lausch' ich dem Gedankenfluge,
Der im Sturm vorüber rauscht –
Meines Lebens irre Geister,
Haltet ein auf mein Geheiß!
Euch beschwört der Zaubermeister,
Bannt euch in der Dichtung Kreis!

Und aus schönen, glüh'nden Nächten,
Und aus Träumen frei und kühn,
Will ich wilde Rosen flechten,
Die in ihrem Tau erblüh'n!
Flechten mir der Dichtung Rosen
In der Freiheit wilder Pracht,
Eingewiegt von Liebeskosen,
Großgesäugt vom Tau der Nacht!

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