GedichtGedichte

Das Gedicht „Weihnachtslied“ stammt aus der Feder von Otto Julius Bierbaum.

Maria lag in großer Not,
Mit Lumpen angetan,
In einem Stall zu Bethlehem
Und sah die Stunde nahn,
Da sie ein Kindlein haben sollt.
Der Himmel stand in lauter Gold;
Da hub ein Singen an:

"Süße Maria, sei getrost,
Das um dich ist kein Stall.
Blick um dich, allerholdste Frau,
Und sieh die Gäste all,
Die von weither gekommen sind,
Dich zu begrüßen und dein Kind
Mit Flöt und Geigenschall."

Und wie Maria ihr Haupt erhob,
O Wunder was sie sah!
Es knieten auf der schlechten Streu
Drei goldne Könige da,
Und, wie wenns ihr Gefolge wär,
Ein Herr von Engeln stand umher
Und sang Halleluja.

Es war ein Licht und war ein Glanz,
Wie sie es nie gesehn,
Und vor den Türn und Fenstern war
Ein Auf - und Niedergehn,
Als ging die ganze Welt vorbei;
Da hört sie einen leisen Schrei.
Da war das Glück geschehn.

Maria strahlte wie ein Stern
Und hob das Kind empor;
Das war so hold und engelschön
Wie nie ein Kind zuvor,
Die Wände sanken, und die Welt war rings erhellt,
Und alles sang im Chor.

"O seht die Blume, die da blüht,
Die Blume weiß und rot!
Der Kelch ist von der Lilie,
Ein Herz darinnen loht.
Nun ist die ganze Erde licht,
Wir fürchten Schmerz und Trauern nicht
Und fürchten nicht den Tod.

Die Blühte leuchtet uns den Tag,
Und es versank die Nacht,
Und aus der Blühte wird die Frucht,
Die alle fröhlich macht;
Die Frucht, die allen Nahrung gibt,
Der Mensch, der alle Menschen liebt,
Die Liebe ist erwacht."

Der Chor verklang. Es sank der Stall
In braune Dunkelheit.
Maria gab dem Kind die Brust.
Still ward es weit und breit.
Da ward Marien im Herzen bang,
Sie küsst ihr liebes Kindlein lang,
Ihr tat ihr Kindlein leid.

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