GedichtGedichte

Das Gedicht „Der Panther“ stammt aus der Feder von Rainer Maria Rilke.

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Analyse

Das Dinggedicht „Der Panther“ (1903; Epoche des Symbolismus) besteht aus 3 Strophen mit je 4 Versen.
Das Versmaß ist ein Jambus (zweisilbig) mit fünf Hebungen (Ausnahme: vierhebiger Jambus im letzten Vers). Die Kadenzen sind abwechselnd männlich und weiblich. Das Reimschema ist ein Kreuzreim [abab, cdcd, efef].

Inhalt / Zusammenfassung

Der Panther (Untertitel: Im Jardin des Plantes, Paris) gilt als Rilkes berühmtestes Dinggedicht, in dem der Dichter nach dem Vorbild des Bildhauers Auguste Rodin (1840 - 1917) zum Interpreten der "stummen Dinge" wird. Interessant ist, dass das Substantiv "Panther" nur im Titel vorkommt. Im weiteren Verlauf des Gedichts werden nur Pronomen und Beschreibungen des Tieres verwendet. Das Raubtier wird in 3 Strophen von seiner äußeren Erscheinung (Blick, Gang, Auge) beschrieben, um seine Äußere & Innere Gefangenschaft zu erschließen.

Hintergrund

Von 1902 bis etwa 1912 war Paris der Lebensmittelpunkt von Rilke. Zunächst hatte er Berlin etwas fluchtartig verlassen, um eine Biographie über den Bildhauer Auguste Rodin (1840 - 1917) zu schreiben (1905/1906 war er als dessen Privatsekretär tätig).

Die Begegnung mit der Moderne war sehr inspirierend: Rilke beschäftigte sich intensiv mit den Skulpturen von Rodin und dann mit dem Werk von Paul Cézanne. Rodin lehrte ihn den Wert der objektiven Beobachtung, und unter diesem Einfluss wandelte Rilke seinen poetischen Stil dramatisch von der subjektiven und manchmal beschwörenden Sprache seiner früheren Werke in etwas ganz Neues in der europäischen Literatur. Das Ergebnis waren die "Neuen Gedichte", berühmt für die "Ding-Gedichte", die Rilkes verjüngte künstlerische Vision zum Ausdruck bringen.
Sujets eines Dinggedichtes sind lebendige und leblose Objekte, Kunstgegenstände, Situationen oder Vorgänge. Diese Dinge werden distanziert und objektiviert erfasst, also ohne eine explizite subjektive Deutung.

Der im Untertitel genannte "Jardin des Plantes" (französisch; „Pflanzengarten“) ist ein botanischer Garten in Paris. Dieser wurde 1626 gegründet und ist der älteste Bestandteil des 1793 gegründeten "Muséum national d’histoire naturelle". Dort wurde dann seit 1889, ähnlich wie in einem Tierpark, auch vornehmlich größere Tiere aus exotischen Ländern zur Schau gestellt (u.a. "Grande galerie de l'Évolution").

Der (schwarze) Panther ist keine eigene Tierart, sondern Resultat einer genetischen Mutation (Melanismus), die den Großkatzen ein insgesamt schwarzes Fell verleiht. Dieser Phänotyp ist bei Leoparden (Panthera pardus) in den tropischen Regenwäldern Südostasiens und Indiens häufig (11 % der Leoparden sind schwarz), in Afrika jedoch sehr selten und kommt in Amerika gelegentlich auch bei Jaguaren (Panthera onca) vor.
Insbesondere durch die Figur des "Bagheera" im "Dschungelbuch" (1894), einer Sammlung von Geschichten des britischen Autors Rudyard Kipling, erlangte dieser Phänotyp weltweite Bekanntheit.

Rezeption

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