GedichtGedichte

Gedichte zum Nachdenken - sowohl lang als auch kurz; moderne und auch Klassiker.

Diese tiefsinnigen Gedichte zu verschiedenen Themen eignen sich als Inspiration - Verse & Reime aus verschiedenen Epochen & Kulturen.

Denken

Das Denken ist ein bewusster Prozess, bei dem ein Bild oder eine Vorstellung, eine Erinnerung oder eine Idee ohne direkten Reiz durch die Sinne gebildet wird. Überlegen, Nachdenken, Erinnern sind mit dem Denken verwandte Begriffe.

Etymologisch stammt der Begriff "Denken" vom althochdeutschen "thenken" (8. Jh.) ab - mit Ähnlichkeit zum angelsächsischen "thenkian" (siehe das englische "think"). Die Entsprechung im lateinischen ist "tongēre" (kennen, wissen) mit der Wurzelform *teng-, *tong- (denken, fühlen).


"Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Ich sehe sie beide vor mir und verknüpfe sie unmittelbar mit dem Bewusstsein meiner Existenz." [Immanuel Kant; Kritik der praktischen Vernunft, Kapitel 34, 1788]


"Es gibt im Leben Augenblicke, da die Frage, ob man anders denken kann, als man denkt, und auch anders wahrnehmen kann als man sieht, zum Weiterschauen und Weiterdenken unentbehrlich ist." - Sexualität und Wahrheit. Der Gebrauch der Lüste.

"Die Aufklärung, welche die Freiheiten entdeckt hat, hat auch die Disziplinen erfunden." - Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses.

"Sprache ist stets ein System für mögliche Aussagen: es ist eine endliche Menge von Regeln, die eine unendliche Zahl von Performanzen gestattet.“ - Archäologie des Wissens.

Michel Foucault (1926 - 1984) war ein französischer Philosoph und Kritiker, der von Karl Marx, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud und Martin Heidegger (siehe sein Hauptwerk: Sein und Zeit) beeinflusst war. Seine Theorien befassen sich in erster Linie mit den Beziehungen zwischen Macht und Wissen und wie diese als eine Form der sozialen Kontrolle durch gesellschaftliche Institutionen eingesetzt werden.


Im "Sophistes" definiert Platon das Denken als "innere Rede, die die Seele still mit sich selbst führt" (263 d ff., Übers. Chambry). Und im "Theaitetos" hatte er es bereits als "Rede, die die Seele mit sich selbst über die Gegenstände führt, die sie untersucht" definiert (189 e ff., Übersetzung von Chambry). Das wesentliche Merkmal des Denkens ist also die Reflexivität ("mit sich selbst", "zu sich selbst").

Das Denken ist ein Thema der kognitiven Psychologie, der kognitiven Neurowissenschaften und der Philosophie. In der kognitiven Psychologie wird sie manchmal auch als eine Form der Informationsverarbeitung beschrieben, die hauptsächlich zentrale (oder interne) Prozesse beinhaltet. Das Denken ist in erster Linie der Bereich, in dem interne Repräsentationen von Informationen ins Spiel kommen. Dies steht im Gegensatz zu mentalen Prozessen, die eher eine Reaktion auf äußere Reize sind, wie es bei der Sinneswahrnehmung der Fall ist.

Einen Denkprozess zu entschlüsseln, bleibt ein schwieriges Problem. Das Denken kann in Form von Problemlösungen erfolgen (siehe unten). Eine andere Form des Denkens ist eher sensorischer Natur und besteht aus einem Prozess des Vergleichs von Mustern oder vielmehr der Mustererkennung.
In einem "Moment des Nachdenkens" werden neue Situationen und Erfahrungen mit vorhandenen Erinnerungen verglichen. Um diese Urteile zu fällen, muss der Intellekt die gegenwärtige Erfahrung bewerten und nach relevanten Erfahrungen aus der Vergangenheit suchen. Dabei werden die Vergangenheit und die Gegenwart getrennt.
Der Intellekt kann Konzepte, Wahrnehmungen und Erfahrungen vergleichen, zusammenführen, trennen und sortieren. Dieser Vorgang wird als Argumentation bezeichnet. Die Logik ist die Wissenschaft der Argumentation.

 


Ist doch - rufen sie vermessen -
Nichts im Werke, nichts getan!
Und das Große reift indessen
   Still heran.

Es erscheint nun; niemand sieht es,
Niemand hört es im Geschrei:
Mit bescheidner Trauer zieht es
   Still vorbei.

Hermann Allmers (1821 - 1902) schrieb als „Marschendichter“ vor allem über Kultur und Landschaft seiner nordwestdeutschen Heimat. Siehe auch sein Gedicht: Feldeinsamkeit


„Und wenn Sie etwas lesen, vollziehen Sie nicht nur die Gedanken des Autors, berücksichtigen Sie auch, was Sie denken. Gentlemen, Sie müssen sich um eine eigene Perspektive bemühen. Und je länger sie damit warten, um so unwahrscheinlicher ist es, dass Sie sie finden.
Thoreau sagte: ‚Die meisten Menschen führen ein Leben in stiller Verzweiflung.‘ Finden Sie sich nicht damit ab. Brechen Sie aus. Stürzen Sie nicht in den Abgrund wie die Lemminge. Sehen Sie sich um. […] Haben Sie den Mut Ihren eigenen Weg zu suchen!“

Quelle: Der fiktive Charakter John Keating (Robin Williams) in "Der Club der toten Dichter" (1989 verfilmt; "O Kapitän, mein Kapitän! Die grause Fahrt ist aus"; 1865; Walt Whitman)


Es wohnen die hohen Gedanken
In einem hohen Haus.
Ich klopfte, doch immer hieß es:
Die Herrschaft fuhr eben aus!

Nun klopf ich ganz bescheiden
Bei kleineren Leuten an.
Ein Stückel Brot, ein Groschen
Ernähren auch ihren Mann.

Wilhelm Busch.


Geschöpf nicht mehr, Gebieter der Gedanken,
des Willens Herr, nicht mehr in Willens Frone,
der flutenden Empfindung Maß und Meister,

zu tief, um an Verneinung zu erkranken,
zu frei, als dass Verstocktheit in ihm wohne:
So bindet sich ein Mensch ans Reich der Geister:

So findet er den Pfad zum Thron der Throne.

Christian Morgenstern.


So ernst, mein Freund? Ich kenne dich nicht mehr.
Schon viele Tage seh’ ich’s schweigend an,
Wie finstrer Trübsinn deine Stirne furch’t.
Auf deinem Herzen drückt ein still Gebresten,
Vertrau es mir, ich bin dein treues Weib.
[…]
Und still im Herzen hab ich mir’s bewahrt.
So höre denn und acht auf meine Rede.

Gertrud: Wilhelm Tell (Friedrich Schiller): 1. Aufzug, 2. Szene


Suche nicht! Du wirst verlieren.
Treibe hin und lächle nur den Dingen.
Derer, die in deinem Haar sich fingen,
sind viel mehr, als je dein Singen
locken konnte. Ungesucht wirst du die
Welt in deinem Schoße spüren.

Hertha Kräftner (1928 - 1951) war eine österreichische Schriftstellerin.


Immer reicher, Jahr um Jahr,
grüßt es mit Geschenken…
immer froher um dich her
blüht es auf – und um so mehr
lerne dich beschränken…

Lerne dich an dem zu freu’n,
was du dir errungen
und wirf es ab, zu bereu’n,
was dir nicht gelungen!

Cäsar Flaischlen (1864 - 1920)


Ich bin wie Leib dem Geist, wie Geist dem Leibe dir;
Ich bin wie Weib dem Mann, wie Mann dem Weibe dir,
Wen darfst du lieben sonst, da von der Lippe weg
Mit ew'gen Küssen ich den Tod vertreibe dir?
Ich bin dir Rosenduft, dir Nachtigallgesang,
Ich bin der Sonne Pfeil, des Mondes Scheibe dir;
Was willst du noch? was blickt die Sehnsucht noch umher?
Wirf alles, alles hin: du weißt, ich bleibe dir!

August von Platen (1864 - 1920)


Wo echter Hang zum Nachdenken, nicht bloß zum Denken dieses oder jenes Gedankens, herrschend ist, da ist auch Progressivität. Sehr viele Gelehrte besitzen diesen Hang nicht. Sie haben schließen und folgern gelernt, wie ein Schuster das Schuhmachen, ohne je auf den Einfall zu geraten, oder sich zu bemühen, den Grund der Gedanken zu finden. Dennoch liegt das Heil auf keinem andern Wege. Bei vielen währt dieser Hang nur eine Zeitlang. Er wächst und nimmt ab, sehr oft mit den Jahren, oft mit dem Fund eines Systems, das sie nur suchten, um der Mühe des Nachdenkens ferner überhoben zu sein. [Novalis; Blüthenstaub-Fragment Nr. 47]


Übrigens: auf unserem Schwesterprojekt finden Sie tiefgründige Zitate zum Nachdenken — fein säuberlich nach Autoren und Themen sortiert.


Gedicht

Gedichte werden auf einer Seite oft in Zeilen unterteilt, was als Ausrichtung bezeichnet wird. Diese Zeilen können auf der Anzahl der metrischen Füße basieren oder ein Reimschema am Ende der Zeilen betonen. Die Zeilen können auch andere Funktionen haben, insbesondere wenn das Gedicht nicht in einem formalen metrischen Muster geschrieben ist. Linien können Gedanken trennen, vergleichen oder kontrastieren, die in verschiedenen Einheiten ausgedrückt werden, oder sie können einen Wechsel im Tonfall hervorheben.

Die Zeilen von Gedichten sind oft in Strophen angeordnet, die nach der Anzahl der Zeilen benannt sind. So ist eine Sammlung von zwei Zeilen ein Couplet, drei Zeilen ein Triplet (oder Terzett), vier Zeilen ein Vierzeiler und so weiter. Diese Zeilen können durch Reim oder Rhythmus miteinander verbunden sein, müssen es aber nicht. Ein Couplet kann zum Beispiel aus zwei Zeilen mit identischem Metrum bestehen, die sich reimen, oder aus zwei Zeilen, die durch ein einziges gemeinsames Metrum verbunden sind.


wer ist denn schon bei sich
wer ist denn schon zu hause
wer ist denn schon zu hause bei sich
wer ist denn schon zu hause
wenn er bei sich ist
wer ist denn schon bei sich
wenn er zu hause ist
wer ist denn schon bei sich
wenn er zu haus bei sich ist
wer denn

Elfriede Gerstl (1932 - 2009) war eine österreichische Schriftstellerin. Als Jüdin lebte sie während der Zeit des Nationalsozialismus in einem Versteck in Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte sie Medizin und Psychologie an der Universität Wien. Ab 1955 begann sie ihre Lyrik in Literaturzeitschriften zu veröffentlichen. Von 1963 bis 1971 lebte sie regelmäßig für längere Zeit in Berlin. Die Feministin Gerstl veröffentlichte neben Gedichten auch Romane und Erzählungen sowie Kinderbücher, Hörspiele und Essays.


Andere Gedichte können in Versabschnitten organisiert sein, in denen keine regelmäßigen Reime mit festen Rhythmen verwendet werden, sondern der poetische Ton durch eine Sammlung von Rhythmen, Alliterationen und Reimen in Absatzform bestimmt wird. Viele mittelalterliche Gedichte wurden in Versabschnitten geschrieben, auch wenn regelmäßige Reime und Rhythmen verwendet wurden.

In vielen Formen der Poesie sind die Strophen miteinander verwoben, so dass das Reimschema oder andere Strukturelemente einer Strophe die der nachfolgenden Strophen bestimmen. Beispiele für solche ineinandergreifenden Strophen sind beispielsweise der Ghazal und die Villanelle, bei denen ein Refrain (oder im Falle der Villanelle Refrains) in der ersten Strophe festgelegt und in den folgenden Strophen wiederholt wird. Mit der Verwendung von verschachtelten Strophen ist ihre Verwendung zur Trennung thematischer Teile eines Gedichts verbunden. So sind beispielsweise Strophe, Antistrophe und Epode der Odenform oft in eine oder mehrere Strophen unterteilt.

In einigen Fällen, insbesondere bei längeren formalen Gedichten, wie z. B. bei einigen Formen der epischen Dichtung, werden die Strophen selbst nach strengen Regeln aufgebaut und dann kombiniert. In der skaldischen Dichtung hatte die dróttkvætt-Strophe (= „Hofton“ die strengste Strophenform der altnordischen Skaldendichtung) 8 Zeilen mit jeweils drei "Erhöhungen", die durch Alliteration oder Assonanz erzeugt wurden. Neben zwei oder drei Alliterationen reimten sich in den ungeraden Zeilen teilweise Konsonanten mit verschiedenen Vokalen, nicht unbedingt am Wortanfang; die geraden Zeilen enthielten Binnenreime auf bestimmten Silben (nicht unbedingt am Wortende). Jede Halbzeile hatte genau sechs Silben, und jede Zeile endete mit einem Trochäus.


 

 


Zähle die Mandeln,
zähle, was bitter war und dich wachhielt,
zähl mich dazu:

Ich suchte dein Aug, als du’s aufschlugst und niemand dich ansah,
ich spann jenen heimlichen Faden,
an dem der Tau, den du dachtest,
hinunterglitt zu den Krügen,
die ein Spruch, der zu niemandes Herz fand, behütet.

Dort erst tratest du ganz in den Namen, der dein ist,
schrittest du sicheren Fußes zu dir,
schwangen die Hämmer frei im Glockenstuhl deines Schweigens,
stieß das Erlauschte zu dir,
legte das Tote den Arm auch um dich,
und ihr ginget selbdritt durch den Abend.

Mache mich bitter.
Zähle mich zu den Mandeln.

Paul Celan (1920 - 1970) war ein bedeutender deutschsprachiger rumänischer Dichter und Übersetzer. Er wuchs in Cernăuţi auf. Die Region gehörte damals zu Österreich-Ungarn, und so war Deutsch neben Rumänisch die Hauptverkehrssprache der jüdischen Kulturaristokratie, der der Dichter angehörte und die fast die Hälfte der Bevölkerung der Stadt ausmachte.
In seinen letzten Lebensjahren litt er unter selbstzerstörerischen Tendenzen, Verfolgungswahn und Amnesieanfällen. Er beging im April 1970 im Alter von 49 Jahren Selbstmord durch Ertrinken in der Seine (Paris).

 


Die schwersten Wege werden allein gegangen.
Die Enttäuschung, der Verlust,
das Opfer sind einsam.

Alle Vögel schweigen.
Man hört nur den eigenen Schritt,
den der Fuß noch nicht gegangen ist,
aber gehen wird.

Stehenbleiben und Umdrehen hilft nicht.
Es muss gegangen sein.

Hilde Domin (1909 - 2006) war eine deutsche Schriftstellerin, die in einer jüdischen Familie aufwuchs. Sie war vor allem als Lyrikerin bekannt und eine bedeutende Vertreterin des „ungereimten Gedichts“.