GedichtGedichte

Das Gedicht „Die schlesischen Weber“ stammt aus der Feder von Heinrich Heine.

Im düstern Auge keine Träne
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
  Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt -
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt -
  Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen lässt -
  Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
  Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
  Wir weben, wir weben!

Analyse

Das Gedicht "Die schlesischen Weber" (1844; Epoche des Vormärz) besteht aus 5 Strophen mit je 5 Versen. Das überwiegend verwendete Versmaß ist ein Jambus mit einer unterschiedlichen Anzahl an Hebungen. Die jeweils ersten vier Verszeilen jeder Strophe sind im Paarreim (aabb) gehalten, die jeweils fünfte Verszeile „Wir weben, wir weben!“ ist ein Kehrreim.

Inhalt / Zusammenfassung

Die auch als "Weberlied" bekannte Ballade handelt vom Elend der schlesischen Weber, die 1844 einen Aufstand gegen Ausbeutung und Lohnverfall wagten und damit auf die im Rahmen der einsetzenden Industrialisierung entstandenen Missstände aufmerksam machten.

In den 2 Rahmenstrophen wird deutlich, dass die Weber bereit sind, selbstbewusst für ihre Interessen einzutreten und beharrlich an einer grundlegenden Veränderung Deutschlands arbeiten.

In den 3 Binnenstrophen werden nacheinander Gott, der König und das Vaterland angeklagt. Die Weber sind sehr enttäuscht, dass sie trotz verzweifelter Bitten keinen Beistand von Seiten Gottes erfahren haben. Der König wird beschuldigt, statt sich des Leides der Arbeiter anzunehmen, die Reichen zu unterstützen und gegen Protestierende mit roher Gewalt vorzugehen.

Hintergrund

Das sogenannte "Weberlied" wurde unter dem Titel „Die armen Weber“ am 10. Juli 1844 im deutschsprachigen Wochenblatt von Karl Marx "Vorwärts!" in Paris erstmals veröffentlicht. Es wurde als Flugblatt in einer Auflage von 50.000 Stück in den Aufstandsgebieten verteilt. Schlesien war damals eine Provinz von Preußen und gehört heute zum größten Teil zu Polen.

Das Königlich-Preußische Kammergericht verbot das Gedicht wegen „seines aufrührerischen Tones“. In Berlin wurde 1846 ein Rezitator, der es trotzdem gewagt hatte, es öffentlich vorzutragen, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

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