GedichtGedichte

Das Gedicht „Friedrich Rotbart“ stammt aus der Feder von Emanuel Geibel.

Tief im Schoße des Kyffhäusers,
Bei der Ampel rotem Schein
Sitzt der alte Friedrich
An dem Tisch von Marmorstein.

Ihn umwallt der Purpurmantel,
Ihn umfängt der Rüstung Pracht;
Doch auf seinen Augenwimpern
Liegt des Schlafes tiefe Nacht.

Vorgesunken ruht das Antlitz,
Drin sich Ernst und Milde paart;
Durch den Marmortisch gewachsen
ist sein langer, goldner Bart.

Rings wie ehrne Bilder stehen
Seine Ritter um ihn her,
Harnischglänzend, schwertumgürtet,
aber tief im Schlaf wie er.

Heinrich auch, der Ofterdinger,
Ist in ihrer stummen Schar,
Mit den liederreichen Lippen,
mit dem blondgelockten Haar.

Seine Harfe ruht der Sänger
In der Linken ohne Klang;
Doch auf seiner hohen Stirne
Schläft ein künftiger Gesang.

Alles schweigt, nur hin und wieder
Fällt ein Tropfen vom Gestein,
Bis der große Morgen plötzlich
Bricht mit Feuersglut herein;

Bis der Adler stolzen Fluges
Um des Berges Gipfel zieht,
Dass vor seines Fittichs Rauschen
Dort der Rabenschwarm entflieht.

Aber dann, wie ferner Donner,
Rollt es durch den Berg herauf,
Und der Kaiser greift zum Schwerte,
Und die Ritter wachen auf.

Laut in seinen Angeln dröhnend,
Tut sich auf das ehrne Thor;
Barbarossa mit den Seinen
Steigt im Waffenschmuck empor.

Auf dem Helm trägt er die Krone
Und den Sieg in seiner Hand;
Schwerter blitzen, Harfen klingen,
Wo er schreitet durch das Land.

Und dem alten Kaiser beugen
Sich die Völker allzu gleich,
Und aufs neu in Aachen gründet
Er das heil′ ge deutsche Reich.

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