GedichtGedichte

Das Gedicht „Laura“ stammt aus der Feder von Ludwig Hölty.

I

Kein Blick der Hoffnung heitert die Seele mir,
Kein Blick der Freude! Nimmer, ach, nimmer wird
Dein Auge, Laura, meinem Auge
Wieder begegnen, und Liebe sprechen.

Dein ehrner Fußtritt hallte mir oft, o Tod,
In meiner Kindheit werdenden Dämmerung,
Und manche Mutterträne rann mir
Auf die verblühende Knabenwange.

Wer hemmte deinen Bogen? O Seraphim,
Was flogt ihr mit der Krone zurück, und mit
Den Siegespalmen, die ihr eurer
Scheidenden Schwester entgegenhieltet?

O Kronengeber, welcher den Sterblichen
Die Ketten abreißt, komm, und entfeßle mich,
O Wonnetod! Dann schweb ich Lauren,
Lauren entgegen, und bin ihr Engel!

II

Bald wird des Grabes Ruhe mich decken, bald
Umschweb ich Lauren, Ahnungen sagens mir,
Die Sterbeglocke schalt mirs, nächtlich
Hör ich ihr Schallen, und Engel rufen:

Du sollst getröstet werden, du Weinender,
Um Lauren schweben, bis sie das Paradies
Mit dir bewohnet. – Todesstunde,
Flügle die Schritte, du Menschenfreundin,

Du Bothin Gottes! Wonne mir, Wonne mir,
Ich ströme, kommst du, kniend, wo Laura kniet,
Anbetung über sie, und Andacht,
Wann sie vom Kelche des Bundes trinket.

Und süßre Schauer, Schauer der Seraphim
Am Throne Gottes, tönet sie Preißgesang,
Vom Maienfrührot angelächelt,
Aus dem begeisterten vollen Herzen.

Ich folg', im Mondenschimmer, der Denkerin
Durch deine Kühlung, duftende Frühlingsnacht,
Und decke, wann ihr Auge sinket,
Sie mit verbreitetem Flügel; wehe

Den Morgenschlummer, wehe den frommen Traum
Von ihrer Stirn, und führe die Wachende
Zum Garten, sich der MayenBlüten,
Sich des Gezwitschers umher, zu freuen.

Sie dankt mir, o Gedanke voll Seeligkeit!
Dereinst die hohen Christengefühle, dankt
Mir einst am Throne des Erlösers
Jede vergoßene Christenträne.

Weitere gute Gedichte des Autors Ludwig Hölty.