GedichtGedichte

Das Gedicht „Ich bin ein Gast auf Erden“ stammt aus der Feder von Paul Gerhardt.

Ich bin ein Gast auf Erden
Und hab hier keinen Stand,
Der Himmel soll mir werden,
Da ist mein Vaterland.
Hier reis ich aus und abe,
Dort, in der ewgen Ruh,
Ist Gottes Gnadengabe,
Die schleußt all Arbeit zu.

Was ist mein ganzes Wesen,
Von meiner Jugend an,
Als Müh und Not gewesen?
So lang ich denken kann,
Hab ich so manchen Morgen,
So manche liebe Nacht
Mit Kummer und mit Sorgen
Des Herzens zugebracht.

Mich hat auf meinen Wegen
Manch harter Sturm erschreckt,
Blitz, Donner, Wind und Regen
Hat mir manch Angst erweckt,
Verfolgung, Haß und Neiden,
Ob ichs gleich nicht verschuldt,
Hab ich doch müssen leiden
Und tragen mit Geduld

So gings den lieben Alten,
An derer Fuß und Pfad
Wir uns noch täglich halten,
Wanns fehlt am guten Rat:
Wie mußte doch sich schmiegen
Der Vater Abraham,
Eh als ihm sein Vergnügen
Und rechte Wohnstatt kam!

Wie manche schwere Bürde
Trug Isaak, sein Sohn!
Und Jakob, dessen Würde
Stieg bis zum Himmelsthron,
Wie mußte der sich plagen,
In was für Weh und Schmerz,
In was für Furcht und Zagen
Sank oft sein armes Herz!

Die frommen heilgen Seelen,
Die gingen fort und fort
Und änderten mit Quälen
Den erstbewohnten Ort;
Sie zogen hin und wieder,
Ihr Kreuz war immer groß,
Bis daß der Tod sie nieder
Legt in des Grabes Schoß.

Ich habe mich ergeben
In gleiches Glück und Leid:
Was will ich besser leben
Als solche großen Leut?
Es muß ja durchgedrungen,
Es muß gelitten sein;
Wer nicht hat wohl gerungen,
Geht nicht zur Freud hinein.

So will ich zwar nun treiben
Mein Leben durch die Welt,
Doch denk ich nicht zu bleiben
In diesem fremden Zelt.
Ich wandre meine Straßen,
Die zu der Heimat führt,
Da mich ohn alle Maßen
Mein Vater trösten wird.

Mein Heimat ist dort droben,
Da aller Engel Schar
Den großen Herrscher loben,
Der alles ganz und gar
In seinen Händen träget
Und für und für erhält,
Auch alles hebt und leget,
Nach dems ihm wohl gefällt.

Zu dem steht mein Verlangen,
Da wollt ich gerne hin;
Die Welt bin ich durchgangen,
Daß ichs fast müde bin.
Je länger ich hier walle,
Je wen'ger find ich Lust,
Die meinem Geist gefalle;
Das meist ist Stank und Wust.

Die Herberg ist zu böse,
Der Trübsal ist zu viel:
Ach komm, mein Gott, und löse
Mein Herz, wann dein Herz will;
Komm, mach ein seligs Ende
An meiner Wanderschaft,
Und was mich kränkt, das wende
Durch deinen Arm und Kraft!

Wo ich bisher gesessen,
Ist nicht mein rechtes Haus;
Wann mein Ziel ausgemessen,
So tret ich dann hinaus,
Und was ich hier gebrauchet,
Das leg ich alles ab;
Und wenn ich ausgehauchet,
So scharrt man mich ins Grab.

Du aber, meine Freude,
Du meines Lebens Licht,
Du zeuchst mich, wenn ich scheide,
Hin vor dein Angesicht,
Ins Haus der ewgen Wonne,
Da ich stets freudenvoll
Gleich als die helle Sonne
Nebst andern leuchten soll.

Da will ich immer wohnen,
Und nicht nur als ein Gast,
Bei denen, die mit Kronen
Du ausgeschmücket hast;
Da will ich herrlich singen
Von deinem großen Tun
Und frei von schnöden Dingen
In meinem Erbteil ruhn.

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