GedichtGedichte

Das Gedicht „Lützows wilde Jagd“ stammt aus der Feder von Theodor Körner.

Was glänzt dort vom Walde im Sonnenschein?
  Hör’s näher und näher brausen.
Es zieht sich herunter in düsteren Reih’n,
Und gellende Hörner schallen darein
  Und erfüllen die Seele mit Grausen.
Und wenn ihr die schwarzen Gesellen fragt:
Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd.

Was zieht dort rasch durch den finstern Wald
  Und streift von Bergen zu Bergen?
Es legt sich in nächtlichen Hinterhalt;
Das Hurra jauchzt und die Büchse knallt;
  Es fallen die fränkischen Schergen.
Und wenn ihr die schwarzen Jäger fragt:
Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd.

Wo die Reben dort glühen, dort braust der Rhein,
  Der Wütrich geborgen sich meinte;
Da naht es schnell mit Gewitterschein
Und wirft sich mit rüst’gen Armen hinein
  Und springt ans Ufer der Feinde.
Und wenn ihr die schwarzen Schwimmer fragt:
Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd.

Was braust dort im Tale die laute Schlacht,
  Was schlagen die Schwerter zusammen?
Wildherzige Reiter schlagen die Schlacht,
Und der Funke der Freiheit ist glühend erwacht
  Und lodert in blutigen Flammen.
Und wenn ihr die schwarzen Reiter fragt:
Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd.

Wer scheidet dort röchelnd vom Sonnenlicht,
  Unter winselnde Feinde gebettet?
Es zuckt der Tod auf dem Angesicht;
Doch die wackern Herzen erzittern nicht.
  Das Vaterland ist ja gerettet.
Und wenn ihr die schwarzen Gefall’nen fragt:
Das war Lützows wilde, verwegene Jagd.

Die wilde Jagd und die deutsche Jagd
  Auf Henkersblut und Tyrannen!
Drum, die ihr uns liebt, nicht geweint und geklagt!
Das Land ist ja frei, und der Morgen tagt,
  Wenn wir’s auch nur sterbend gewannen.
Und von Enkeln zu Enkeln sei’s nachgesagt:
Das war Lützows wilde, verwegene Jagd.

Anmerkung: Körner verfasste das Lied 1813 (er fiel im selben Jahr) in Bezug auf das Lützowsche Freikorps. Bei der Suche nach einer deutschen nationalen Identität griff er deutlich Motive der "Wilden Jagd" auf. Diese Volkssage beschreibt eine Gruppe von mythischen Jägern, die besonders in der Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag (den Rauhnächten) durch die Lüfte jagen.
Nach Körners Tod wurde das Gedicht 1814 in veränderter Form von Carl Maria von Weber vertont und entwickelte sich zu einem bis heute beliebten Chorlied, das auch unter den Titeln "Lützows wilde, verwegene Jagd" und "Was glänzt dort vom Walde?" bekannt ist.

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