GedichtGedichte

Das Gedicht „Weihnachtsfeier“ stammt aus der Feder von Otto Julius Bierbaum.

Berge und Wälder und Wiesen und See:
Schnee und Nebel, Nebel und Schnee;
Nieder der Himmel, farblos und fahl;
War er denn heiter und hoch einmal?
Hockende Krähen auf kahlem Geäst, -
Das ist des blutwarmen Lebens der Rest?

Siehe, die Sonne versinkt hinterm See:
Broncegold taut auf dem glitzernden Schnee,
Taut und verfließt in das flockige Weiß, -
Rundum umstarrt mich lebloses Eis.
Dampfende Nebel umhüllen mich dicht,
Wehen wie Haßhauch mir naß ins Gesicht.
Stechen nicht Augen hervor aus dem Grau,
Augen der lieblosen alten Frau,
Die in der knochigen Hand zurück
Grausam mir hält mein bangsüßes Glück?
Nein doch und nein! Ein lieberes Licht
Lacht mir aus Nebelgrau hell ins Gesicht:
"G'rannt bin i schnell wie der Wind übern Schnee!"
- Mädel, oh du meine Weihnachtsfee!

Schmiegt sie sich an mich dicht und bang,
Wandern wir wortlos im Glockenklang,
Wandern durch Nebel und Nacht und Wind,
Weint an der Brust mir leise das Kind,
Weint, daß getrennt wir müssen, allein,
In der heiligen Weihenacht sein.
Küß ich die Tränen ihr lind vom Gesicht:
Weine nicht, Mädel, geh, weine nicht!
Zündet heut Andern der Liebesmann
Flimmernde Christkindlkerzen an,
Hat er in unseren Herzen entfacht
Eine ewige Weihenacht.
Sind wir auch heute Abend getrennt,
Doch uns im Herzen ein Christbaum brennt.
Dir aus dem Auge ja lacht sein Schein,
Nein doch, du Meine, wir sind nicht allein.
Trag ich dein Herz ja in meiner Brust,
Du auch das meine tragen mußt.

Froh mir ein hellwarmes Lächeln dankt,
Fest mich ihr rundvoller Arm umrankt,
Tief saugt ihr Blick sich in meinen ein:
"Nein, oh du Meiner, wir sind nicht allein."
Wandern zurück wir durch Nebel und Wind,
Lacht an der Seite mir selig das Kind.

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