GedichtGedichte

Das Gedicht „Bach“ stammt aus der Feder von Ernst Lissauer.

Großer Johann Sebastian Bach, dir künd' ich inbrünstigen Dank,
Du hast mich begnadet mit tönender Spende,
Dem Stimmlosen gabst du Gesang,
Singen gabst du in meine Hände.

Meine rechte Hand
Wandert fraulich singend droben im Diskant,
Drunten weit,
Wie in Kehren
Eines Bergwegs, still mit schweren
Schritten gibt die Linke dunkel rufend männlich ihr Geleit.

Nun tanzen sie als galante
Marquis und Marquise Gigue und Courante,
Allemande,
Sarabande,
Sie heben
Sich, senken sich, schweben,
Bald ferne, bald nah,
Sie neigen
Sich tief, sie verzweigen
Die Gänge, die Läufe, die Pas.

Schimmernd Geäst ist plötzlich ausgespannt,
Drin sitzt meine Hand
Als Nachtigall,
Laut schmettert und schlägt ihr trillernder Schall.

Schwer, mit vollem Griff,
Dröhnend langhin ob Altar und Schiff,
Meine Linke spielt die Orgel breiten Tons auf der Empore;
Weiß von Kuppellicht umstoben,
Meiner Rechten Finger loben
Hell mit klaren Knabenstimmen Gott im Chore.

Heiligend fließt Musik mir im beglückten Blut,
Es rührt mir an die Stirne eine weite Kühle.
Ich fühle
Erbrandend nahen eine mächt’ge Flut,
Die strenge,
Wie von Befehl geleitet,
Sich in die Klaviatur wie in ein Flußbett breitet,
Ich höre
Ein Rauschen aufgetaner Chöre,
Der Raum gießt aus unendliche Gesänge,
Die Tasten wogen aufgeschwellt,
Es weichen hallend meines Flügels Wände,
Durch meine klingenden Hände
Jubilierend braust Musik der Welt.

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