GedichtGedichte

Das Gedicht „Verheiratet“ stammt aus der Feder von Ada Christen.

I.

Links die zischelnden Komödianten,
   Rechts von mir mein Bräutigam;
Hinter ihm die Anverwandten
   Zucken sich die Achseln lahm.

Vor mir mild der greise Priester,
   In mir keine Harmonie,
Auf den blonden lichten Locken
   Grüne Myrthenironie.

II.

Ausgespannt die magern Gäule
   Von dem morschen Thespiskarren;
Engagirt bin ich für's Leben,
   Nimmer weiter wird gefahren.

Auf dem kleinen Stückchen Erde
   Ist die Bude festgestellt -
Und der Kreis, der oft copirte,
   Ist nun wirklich meine Welt.

III.

Eine lange graue Fläche,
   Mitten drauf ein Schlößlein traut;
Weiß und voll im Winde schwanket
   Rings umher das Haidekraut.

Bei des Schlößchens Erkerfenster
   Steht ein Mann und jubelt laut;
Denn er hat jetzt in der Ferne
   Sein geliebtes Weib erschaut.

Jauchzend eilt er ihr entgegen,
   Küßt sie heiß auf Mund und Hand,
Ordnet die zerstreuten Locken
   Und das flatternde Gewand.

Und wie Kinder selig plaudernd
   Gehen sie nun Hand in Hand,
Und des Weibes Seele segnet
   Dankbar Mann und Haus und Land.

IV.

O habe Mitleid, laß mich nimmer
   Die Wunden der Gesellschaft schauen!
Denn bis in meine tiefsten Träume
   Drängt sich ein scheues, kaltes Grauen.

Auch hier die Sünde und die Lüge,
   Die sich so schwer vergessen ließ?
Auch hieher weht der gift'ge Odem? -
   Ich glaubte an ein Paradies!

V.

Das Herz zerfetzt und zerrissen,
   An allen Kräften gelähmt,
Gestürzt aus dem falschen Himmel
   Und ob des Glaubens beschämt! -

Von dem, was ich gelitten
   In kurzen, doch ewigen Tagen,
Versteinern alle Tränen,
   Verstummen alle Klagen! - -

VI.

Ich grüße dich, du alte Nacht,
   Bekanntes schwarzes Elend,
Du nahst dich mir so bitter vertraut,
   Erhaben stumm befehlend.

Ich wehre mich nicht: du bist mir lieb,
   Du bist verderbliche Wahrheit:
In deinem Dunkel liegt für mich
   Meines wirren Jammers Klarheit.

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