GedichtGedichte

Das Gedicht „Wünschelrute“ stammt aus der Feder von Joseph von Eichendorff.

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.

Analyse

Das Gedicht "Wünschelrute" (1838; Epoche der Spät-Romantik) besteht aus 1er Strophe mit 4 Versen. Das Metrum (Versmaß) ist ein durchgängiger vierhebiger Trochäus mit abwechselnd weiblichen und männlichen Kadenzen. Als Reimschema wird ein Kreuzreim [ab ab] verwendet.

Interpretation

Die deutsche Wikipedia beschreibt den Begriff wie folgt: "Interpretation" im Sinne der Kunsttheorie und Kulturwissenschaften ist der Vorgang, in dem ein literarisches, musikalisches oder bildnerisches Kunstwerk ausgelegt oder gedeutet wird. Interpretation umfasst neben der Formanalyse auch die Untersuchung des Subtextes."

In ihrem Essay "Against Interpretation" (1966) argumentiert Susan Sontag, dass der moderne Ansatz der Kritik und der Ästhetik die sinnliche Wirkung und die Neuartigkeit der Kunst vernachlässigt und stattdessen die Werke in vorgegebene intellektuelle Interpretationen einpasst und den Schwerpunkt auf den "Inhalt" oder die "Bedeutung" eines Werks legt. Einige Zitate:

"Ich meine natürlich nicht die Interpretation im weitesten Sinne, in dem Sinne in dem Nietzsche (zu Recht) sagt: "Es gibt keine Tatsachen, nur Interpretationen". Mit Interpretation meine ich hier einen bewussten Akt des Geistes, der einen bestimmten Code, bestimmte "Regeln" der Interpretation illustriert."

"In den meisten modernen Fällen läuft die Interpretation auf die philiströse Weigerung hinaus das Kunstwerk in Ruhe zu lassen. Echte Kunst hat die Fähigkeit, uns nervös zu machen. Indem man das Kunstwerk auf seinen Inhalt reduziert und dann interpretiert, zähmt man das Kunstwerk. Die Interpretation macht die Kunst handhabbar, anpassungsfähig.
Diese Philisterei der Interpretation ist in der Literatur verbreiteter als in jeder anderen Kunst. Seit Jahrzehnten verstehen Literaturkritiker es als ihre Aufgabe, die Elemente eines Gedichts, eines Theaterstücks, eines Romans oder einer Geschichte in etwas anderes zu übersetzen."

"Manchmal wird ein Schriftsteller, angesichts der schieren Macht seiner Kunst, so unruhig, dass er im Werk selbst - wenn auch mit einer gewissen Schüchternheit, mit einem Gespür für Ironie - die klare und eindeutige Interpretation derselben hinterlegt. Thomas Mann ist ein Beispiel für einen solch über-kooperativen Autor. Bei hartnäckigeren Autoren übernimmt der Kritiker diese Aufgabe nur zu gerne."

Hintergrund

Im Gedicht wird das in der Romantik sehr beliebte Motiv des "geheimen Wortes" / "Zauberworts" aufgegriffen.
Die Vorstellung, durch Befreiung / Vereinigung der Dinge könne das Eigentliche der Welt erfasst werden, ist aber weit älter und dem Pantheismus zuzuordnen.
Es gab bei den antiken Griechen die Vorstellung, das es schon einmal eine Zeit gab, in der die getrennten Dinge vereinigt waren, das "Goldene Zeitalter".

Der zentrale Begriff "Zauberwort" wird verstanden als ein Wort aus einer geheimen poetischen Sprache, als Chiffre, die nicht nur neue Erkenntnishorizonte erschließt, sondern eine neue Welt schafft um die verborgenen Kräfte der Natur aufzudecken (siehe auch: Hörst du wie die Brunnen rauschen von Clemens Brentano).

Der Dichter Novalis, zu dessen Lieblingsideen das künftige Goldene Zeitalter gehörte (Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren), wünschte keine Rückkehr zu einem statischen Idealzustand im Sinne des antiken Mythos. Er erwartete neuartige Verhältnisse, die durch eine nicht endende Dynamik gekennzeichnet sein sollten: einer fortdauernden Annäherung an die Vollkommenheit in der künftigen goldenen Zeit.

Weitere gute Gedichte des Autors Joseph von Eichendorff.

 

Weitere interessante Gedichte: