GedichtGedichte

Das Gedicht „Einladung zur Reise“ stammt aus der Feder von Charles Baudelaire.

Meine Schwester mein Kind!
Denk dir wie lind
Wär es dorthin zu entweichen!
Liebend nur sehn ·
Liebend vergehn
In Ländern die dir gleichen!
Der Sonnen feucht
Verhülltes geleucht
Die mir so rätselhaft scheinen
Wie selber du bist
Wie dein Auge voll List
Das glitzert mitten im weinen.

Dort wo alles friedlich lacht –
Lust und Heiterkeit und Pracht.

Die Möbel geziert
Durch die Jahre poliert
Ständen in deinem Zimmer
Und Blumen zart
Von seltenster Art
In Ambraduft und Flimmer.
Die decken weit
Die spiegel breit
In Ostens Prunkgemache
Sie redeten dir
Geheimnisvoll hier
Die süße Heimatsprache.

Dort wo alles friedlich lacht –
Lust und Heiterkeit und Pracht.

Sieh im Kanal
Der Schiffe zahl
Mit schweifenden gelüsten!
Sie kämen dir her
Aufs kleinste Begehr
Von noch so entlegenen Küsten.
Der Sonne Glut
Ersterbend ruht
Auf Fluss und Stadt und die ganze
Welt sich umspinnt
Mit Gold und jazint
Entschlummernd in tief-warmem Glanze.

Dort wo alles friedlich lacht –
Lust und Heiterkeit und Pracht.

"L'Invitation au voyage" ist der Titel von 2 Gedichten von Charles Baudelaire. Das eine ist in Versform geschrieben (1901 übersetzt von Stefan George) und findet sich in der Sammlung Les Fleurs du mal (1857), Nummer LIII (53) des ersten Abschnitts mit dem Titel "Spleen et Idéal"; das andere ist in Prosa verfasst und wurde 1869 in der Sammlung Le Spleen de Paris (Nummer XVIII) veröffentlicht.

Anmerkung: In dem Versgedicht beschreibt der Dichter seiner geliebten Marie Daubrun ein ideales Land (inspiriert von Holland), in dem sie sich gemeinsam niederlassen könnten. Darin finden sich die berühmten Verse (Refrain):

"Là, tout n'est qu'ordre et beauté,
Luxe, calme et volupté."
(wörtlich: "Dort ist alles nur Ordnung und Schönheit,
Luxus, Ruhe und Wonne".)

Die bekannteste Vertonung dieses Gedichts von Baudelaire wurde von Henri Duparc (1848 - 1933) im Jahr 1870 komponiert. Der Text ist dort unvollständig, da der Komponist die zweite Strophe verworfen hat. Duparc vertonte auch das Gedicht Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn (Mignon) von Goethe.

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