GedichtGedichte

Das Gedicht „Die hohe Braut“ stammt aus der Feder von Rudolf von Gottschall.

Von den fürstlichen Vasallen
Sei die Fürstenbraut begrüßt,
Die der König der Walhallen
Jetzt in seine Arme schließt!

Volk der Baiern, sei geduldig!
In der Scheide ruh’ das Schwert!
Frechen Hochverraths ist schuldig
Wer er die hohe Braut nicht ehrt.

Einen Brautschmuck süßer Lieder
Bringt der hohe Dichter dar;
Ja, er legt die Krone nieder
Auf der Liebe Hochaltar.

Deutsche Kronen gottesgnädig
Fallen täglich jetzt im Preis!
Einer Krone bist du ledig;
Schmück’ dich mit dem Lorberreis!

Schmücke mit der Dichtung Kränzen
Duftig frisch das milde Haupt;
Und mit neuen Liebeslenzen
Sei das Alter schön umlaubt!

Land des Südens, voll Entzücken;
Wo Siciliens Himmel blaut,
Mögst du an das Herz sie drücken,
Lola, deine hohe Braut!

Eine Tänz’rinn ist gekommen,
Eine Tänz’rinn überdreist,
Die das Regiment der Frommen
Siegend aus dem Land verweist!

O ihr Schüler des Loyola,
Trauert um versunk’ne Macht!
Süßer ist die Nacht der Lola,
Als der Jesuiten Nacht.

Ehern waren eure Ketten;
Sanft und leicht ihr Rosenband,
Und mit ihren Pirouetten
Tanzt sie euch hinaus zum Land.

Klosternonnen, Ordensritter!
Weicht der Tänz’rinn leichtgeschürzt!
Euer Kelch war ernst und bitter;
Dieser Kelch ist lustgewürzt!

Schönheit, fort mit allen Schleiern!
Du besiegst die Chlerisei!
Lola bringt das Licht den Baiern;
Lola macht die Baiern frei!

Und sie spielt mit einer Krone;
Volk der Baiern, juble laut!
Hoch die kühne Amazone,
Hoch die stolze Königsbraut!

Rom, dein Gott ist alt geworden!
Jenes wilde schlanke Weib
Treibt mit deinem stolzen Orden
Keckes Spiel zum Zeitvertreib.

Jene flüchtige Gazelle,
Die im Flug die Glieder wiegt;
Deinen Himmel, deine Hölle,
Deinen Gott hat sie besiegt.

Eine neue Gnadensonne
Hat den Träumenden entzückt!
Eine irdische Madonne
Hat sein fürstlich Herz beglückt.

Steigt, ihr Heil’gen, aus der Nische!
Aus ist eure Zauberkraft,
Heilig nur des Lebens Frische,
Wilde Glut der Leidenschaft.

In den Schutz der Liebesgötter
Flieht der Fürst voll Trunkenheit;
Ferne rauschen dumpfe Wetter,
Und es grollt der Geist der Zeit.

Noch zur Zeit steigst du vom Thron,
Denn, der Freiheit Morgen graut!
Flieh die kühne Amazone,
Flieh’ der Völker hohe Braut!

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