GedichtGedichte

Das Gedicht „Im Lager“ stammt aus der Feder von Gertrud Kolmar.

Die hier umhergehn, sind nur Leiber
Und haben keine Seele mehr,
Sind Namen nur im Buch der Schreiber,
Gefangne: Männer. Knaben. Weiber.
Und ihre Augen starren leer (schwer)

Mit bröckelndem, fallnem Schauen
Auf Stunden, da in düstrem Loch
Gewürgt, zertrampelt, blindgehauen
Ihr Qualgeächz, ihr Wahnsinnsgrauen,
Ein Tier, auf Händ und Füßen kroch …

Sie tragen Ohren noch und hören
Doch nimmermehr den eignen Schrei.
Die Kerker drücken ein, zerstören:
Kein Herz, kein Herz mehr zum Empören!
Der feine Wecker schrillt entzwei.

Sie mühn sich blöde, grau, entartet,
Von buntem Menschensein getrennt,
Stehn, abgestempelt und zerschartet,
Wie Schlachtvieh auf den Metzger wartet
Und dumpf noch Trog und Hürde kennt.

Nur Angst, nur Schauder in den Mienen,
Wenn nachts ein Schuß das Opfer greift …
Und keinem ist der Mann erschienen,
Der schweigend mitten unter ihnen
Ein kahles Kreuz zur Richtstatt schleift. -

Hinweis: auch wenn es offensichtlich ist: mit "Lager" sind die, von einer unsäglichen Brutalität gekennzeichnet, Konzentrationslager des Dritten Reiches gemeint. Es bestanden schließlich rund 1000 Konzentrations- und Nebenlager sowie 7 Vernichtungslager. Sie dienten der Ermordung von Millionen Menschen, der Beseitigung politischer Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinischen Menschenversuchen und der Internierung von Kriegsgefangenen. Das Lagersystem stellte ein wesentliches Element der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft dar. Weite Zweige der deutschen Industrie profitierten direkt oder indirekt von ihm.
Im übrigen ist der Betreiber dieser Webseite der Meinung, das die Abkürzung "KZ" allein für den Begriff Konzentrationslager verwendet werden sollte. Und für alle anderen Begriffe unter allen Umständen vermieden werden sollte, am besten per Gesetz. In der IT-Branche, aber nicht nur dort, ist sie "beliebt" als Abkürzung für "Kennzeichen".

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