GedichtGedichte

Das Gedicht „Hörst du wie die Brunnen rauschen“ stammt aus der Feder von Clemens Brentano.

Hörst du wie die Brunnen rauschen,
Hörst du wie die Grille zirpt?
Stille, stille, lass uns lauschen,
Selig, wer in Träumen stirbt.

Selig, wen die Wolken wiegen,
Wem der Mond ein Schlaflied singt,
O wie selig kann der fliegen,
Dem der Traum den Flügel schwingt.

Dass an blauer Himmelsdecke
Sterne er wie Blumen pflückt:
Schlafe, träume, flieg’, ich wecke
Bald Dich auf und bin beglückt.

Analyse

Das Gedicht "Hörst du wie die Brunnen rauschen" (1827; Epoche der Romantik) besteht aus 1er Strophe mit 12 Versen. Das Reimschema ist ein Kreuzreim (abab – cdcd - efef) und das Versmaß (Metrum) ist ein durchgängig 4-hebiger Trochäus (mit abwechselnd weiblicher und männlicher Kadenz). Die Sprache ist bildhaft, die Struktur einfach, aber streng komponiert.

Inhalt / Zusammenfassung

Im Text geht es irgendwie um Natur (Wahrnehmung) und Träume (die per Definition keine Konkretion in der Wirklichkeit haben, auch wenn sie sich real im Gehirn eines Menschen ereignen). Siehe auch die Gedichte Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (Novalis) sowie Wünschelrute (Eichendorff).

Interpretation

Bei diesem Gedicht wird auf exemplarische Weise sehr deutlich, das sich der Inhalt einer "besserwisserischen" Deutung / Interpretation entzieht. Ganz im Sinne von Enzensberger:

"Die Lektüre ist ein anarchischer Akt. Die Interpretation, besonders die einzige richtige, ist dazu da, diesen Akt zu vereiteln."

"Wenn zehn Leute einen literarischen Text lesen, kommt es zu zehn verschiedenen Lektüren. Das weiß doch jeder. In den Akt des Lesens gehen zahllose Faktoren ein, die vollkommen unkontrollierbar sind: die soziale und psychische Geschichte des Lesers, seine Erwartungen und Interessen, seine augenblickliche Verfassung, die Situation, in der er liest - Faktoren, die nicht nur absolut legitim und daher ernst zu nehmen, sondern die überhaupt die Voraussetzung dafür sind, daß so etwas wie Lektüre zustande kommen kann. Das Resultat ist mithin durch den Text nicht determiniert und nicht determinierbar. Der Leser hat in diesem Sinn immer recht, und es kann ihm niemand die Freiheit nehmen, von einem Text Gebrauch zu machen, der ihm paßt."

Quelle: Hans Magnus Enzensberger: Ein bescheidener Vorschlag zum Schutz der Jugend vor den Erzeugnissen der Poesie

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