GedichtGedichte

Das Gedicht „Tiger“ stammt aus der Feder von Alfred Wolfenstein.

Die große Sonne scheint in seine Zelle
Und zieht auf seinem bunt gestreiften Felle
Noch andre Striche: schwarzer Stäbe Schatten.

Er blinzt hinauf mit wütendem Verlangen:
Das Licht durchbricht doch die zerbissnen Stangen!
Es legt sich innen zu ihm auf die Matten!

Kann sich die Sonne nicht mit ihm zusammen
Aufs Gitter werfen? Schmelzen heiße Flammen
Aus ihrer beider Rachen nicht die Platten?

Die Sonne ist nicht heiß, wie er sie kannte,
Als sie im fernen freien Himmel brannte –
Auch sie gefangen, malt hier Kerkerschatten.

Analyse

Das Gedicht "Tiger" (1912; Epoche des Symbolismus) besteht aus 4 Strophen mit jeweils 3 Versen. Das Reimschema [aab, ccd usw.] enthält einen Binnenreim (genauer: Schlagreim). Die ersten beiden Verse haben eine männliche Kadenz der letzte eine weibliche Kadenz. Das Versmaß besteht aus Jamben mit jeweils 5 Hebungen.

Inhalt / Zusammenfassung

In dem Gedicht geht es metaphorisch um die Themen Gefangenschaft, Aufbegehren sowie Resignation eines Tigers, der (vermutlich in einem Zoo) sein Leben in einem mit Gitterstäben verriegelten Käfig fristet.

Hintergrund

Der Tiger (Panthera tigris) ist eine in Asien verbreitete Großkatze. Er ist aufgrund seiner Größe und den charakteristischen dunklen Streifen auf goldgelbem bis rotbraunem Fell unverwechselbar. Es gibt 8 bis 9 Unterarten die im Erscheinungsbild voneinander abweichen. Die größten Unterschiede bestehen zwischen den kleinen, kontrastreich gefärbten Sumatra-Tigern und den großen, blasser gefärbten Sibirischen Tigern (Amurtiger - nach Eisbär und Braunbär das drittgrößte landbewohnende Raubtier). Als typische Unterarten zwischen den beiden Extremen gelten der indische Bengaltiger und der Indochinesische Tiger.

Die relativ kleinen Sumatra-Tiger erreichen eine durchschnittliche Kopf-Rumpf-Länge von etwa 140 cm, eine Schwanzlänge von rund 60 cm und ein Gewicht von etwa 120 kg (Männchen) beziehungsweise 90 kg (Weibchen).
Männliche Sibirische Tiger erreichen dagegen eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 200 cm, besitzen einen rund 90 cm langen Schwanz und erreichen ein Körpergewicht von etwa 250 kg (Tigerweibchen: etwa 150 kg).

Tiger leben in der Regel einzelgängerisch und ernähren sich überwiegend von größeren Huftieren. Dabei bewohnen sie unterschiedlichste Lebensräume, wie tropische Regenwälder, Grasländer, Sumpfgebiete oder Taiga. Heute ist der Tiger aus großen Teilen seines ehemaligen Verbreitungsgebietes verschwunden. Drei Unterarten sind bereits ausgestorben. Insgesamt gibt es Schätzungen zufolge noch 3000 bis 5000 wildlebende Tiger, die nun größtenteils auf isolierte Schutzgebiete beschränkt sind.

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