GedichtGedichte

Das Gedicht „Vergebens hüllt die Nacht…“ stammt aus der Feder von Christoph Martin Wieland.

Vergebens hüllt die Nacht mit dunstbeladnen Flügeln
Den Luftkreis ein; dies hemmt der Liebe Sehkraft nicht:
Aus ihren Augen strahlt ein überirdisch Licht,
Worin die Seelen selbst sich ineinander spiegeln.
Nacht ist nicht Nacht für sie; Elysium
Und Himmelreich ist alles um und um,
Ihr Sonnenschein ergießet sich von innen
Und jeder Augenblick entfaltet neue Sinnen.

Allmählich wiegt die Wonnetrunkenheit
Das volle Herz in zauberischen Schlummer;
Die Augen sinken zu, die Sinne werden stummer,
Die Seele dünkt vom Leibe sich befreit,
In Ein Gefühl beschränkt, so fest von ihm umschlungen!
So inniglich von ihm durchatmet und durchdrungen!
Beschränkt in Eins, in diesem Einen bloß
Sich fühlend - Aber, o dies Eins, wie grenzenlos!

Quelle: "Oberon"

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