GedichtGedichte

Das Gedicht „Wonne der Einsamkeit“ stammt aus der Feder von Ludwig Tieck.

O holde Einsamkeit,
O süßer Waldschatten,
Ihr grüne Wiesen, stille Matten,
Bei euch nur wohnt die Herzensfreudigkeit.

Ihr kleinen Vögelein
Sollt immer meine Gespielen sein,
Ziehende Schmetterlinge,
Sind meiner Freundschaft nicht zu geringe.

Unbefangen
Zieht ihr des Himmels blaue Luft,
Der Blumen Duft
In euch mit sehnendem Verlangen.
Ihr baut euch euer kleines Haus,
Haucht in den Zweigen Gesänge aus
Von Himmels-Ruhe rings umfangen.

Weit! weit!
Liegst du Welt hinab,
Ein fernes Grab.
O holde Einsamkeit!
O süße Herzensfreudigkeit!

Kommt ihr Beengten
Herzbedrängten,
Entfliehet, entreißt euch der Qual,
Es beut die gute Natur,
Der freundliche Himmel,
Den hohen gewölbten Saal,
Mit Wolken gedeckt, die grüne Flur:
Entflieht dem Getümmel!

O holde Einsamkeit!
O süße Freudigkeit!

Analyse

Das Gedicht "Wonne der Einsamkeit" (1802; Epoche der Frühromantik) besteht aus 6 Strophen nicht einheitlicher Zeilenanzahl (insgesamt 29 Verse). Ein Reimschema bzw. Metrum lässt sich nicht ausmachen.

Inhalt

Das lyrische Ich befindet sich in der Natur und beschreibt diese lobend als einzige Quelle Empfindungen wie Freude und Glück. Es erfreut sich in seiner Einsamkeit in der Natur als idyllischer Lebensraum. Dabei wird das Bild der Einsamkeit, mit seiner sonst eher negativen Bedeutung, rühmend verwendet, indem sie Zuflucht vor den negativen Einflüssen des Lebens in der menschlichen Gesellschaft bietet.
Ein weiteres Beispiel für Motive wie Natur und Einsamkeit ist Friedrich de la Motte Foqué´s Kunstmärchen „Undine“.

Hintergrund

Nachdem Tieck 1798 in Hamburg Amalie Alberti, eine Tochter des Predigers Alberti, geheiratet und mit ihr das Kind Dorothea Tieck bekommen hatte, hielt er sich 1799–1800 in Jena auf. 1800 erleidet Tieck einen ersten schweren Gichtanfall. 1801 zog Tieck (und Friedrich Schlegel) nach Dresden (auch Aufgrund einer Auseinandersetzung mit August Wilhelm Iffland), fühlte sich jedoch in der neuen Heimat unglücklich. 1802 zog er, geplagt von Depressionen, mit der Familie nach Ziebingen, östlich von Frankfurt (Oder), auf das Landgut seines alten Bekannten Burgsdorff.
Außerdem hatte er in seinem persönlichen Umfeld große Verluste zu beklagen. Sein enger Freund Novalis war 1801 gestorben und seine Eltern verstarben 1802.

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