GedichtGedichte

Das Gedicht „Abend“ stammt aus der Feder von Ernst Goll.

I.

Nun losch mit einem Male
Der rosenrote Hauch,
Bald, bald verglimmen im Tale
Die Lichter auch,

Die Glocken läuten im Traume
Selige Abendruh,
Vöglein fliegt vom Baume
Dem Neste zu.

In dämmrige Heine
Entschwindet es dem Blick --
Nun sind wir ganz alleine
Mit unserm Glück.

II.

Sieh, nun ist es abendstill,
Dämmerung liegt auf den Wegen. –
Komm! An deine Schulter will
Ich mein Haupt zur Ruhe legen.

Einer fernen Glocke Sang
Stirbt im ruhenden Gelände –
Vor der großen Stille band
Suchst du meine blassen Hände.

Sei getrost: Ein Heil’genschein
Krönt dir deine Mädchenhaare,
Und in tiefster Seele rein
Fühl ich nur das Wunderbare:

Irgendwo versinkt ein Leid
In die andachtvolle Stille,
Irgendwo liegt weißverschneit
Erdenwunsch und Erdenwille.

Jene ferne Glocke läutet
Allem Weh zu tiefer Ruh,
Und die ganze Welt bedeutet
Nur mehr eines: ich und du …

Weitere gute Gedichte von Ernst Goll: