GedichtGedichte

Das Gedicht „Ain graserin“ stammt aus der Feder von Oswald von Wolkenstein.

I
Ain graserin durch külen tau
mit weissen, blossen füsslin zart
hat mich erfreut in grüner au;
das macht ir sichel brawn gehart,
do ich ir half den gattern rucken,
smucken für die schrencken,
lencken, sencken in die seul,
wolbewart, damit das freul
hinfür an sorg nicht fliesen möcht ir gensel.

II
Als ich die schön her zeunen sach,
ain kurze weil ward mir ze lanck,
bis das ich ir den ungemach
tett wenden zwischen zwaier schranck.
mein häcklin klein hett ich ir vor
embor zu dienst gewetzet,
gehetzet, netzet; wie dem was,
schübren half ich ir das gras.
„zuck nicht, mein schatz!“ „simm nain ich, lieber Jensel.“

III
Als ich den kle hett abgemät
und all ir lucken wolverzeunt,
dannocht gert si, das ich jät
noch ainmal inn der nidern peunt;
ze lon wolt si von rosen winden,
binden mir ain krenzel.
„swenzel, renzel mir den flachs!
treut in, wiltu, das er wachs!“
„herz liebe gans, wie schön ist dir dein grensel.“

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