GedichtGedichte

Das Gedicht „Abend“ stammt aus der Feder von Selma Meerbaum-Eisinger.

1.

Der Himmel ist vom hellsten Blau
und weiße Wolken lächeln mit ihm.
Und schlanke Bäume, dunkel oder grün,
sehen dich an und sagen lautlos: schau!

Alles ist eingehüllt in weiche Luft,
die still ist, so als ob sie einem Märchen lausche.
Und alle Vögel horchen wie im Rausche -
man hört nur Duft.

Die weißen Wolken blinken wie der Schnee,
der auf Vergissmeinnicht gefallen ist.
Und ganz so blau liegt auch das weiche Weh,
das sich über die Bäume gießt.

Und - sind die Bäume dunkel oder grün?
Sie wissen es wohl selber nicht genau.
In einem Fenster zittert aus dem Blau
ein Tropfen Rot. Sie blühn.

2.

Wie eine Linie dunkelblauen Schweigens
liegt fern der Horizont, von weichem Rot umsäumt.
Die Wipfel schaukeln wie im Banne eines Reigens,
das Licht ist wie im Märchen, sanft und blau verträumt.

Der Himmel ist noch hell, noch sieht man kaum die Sterne,
die Luft ist kühl und weich wie eine Frauenhand
und süße Melodie dringt aus der fernsten Ferne:
Musik einer Schalmei, zauberhaft, unbekannt.

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