GedichtGedichte

Das Gedicht „Abendempfindung“ stammt aus der Feder von Joachim Heinrich Campe.

Abend ist's, die Sonne ist verschwunden,
Und der Mond strahlt Silberglanz;
So entfliehn des Lebens schönste Stunden,
Fliehn vorüber wie im Tanz.

Bald entflieht des Lebens bunte Szene,
Und der Vorhang rollt herab;
Aus ist unser Spiel, des Freundes Träne
Fließet schon auf unser Grab.

Bald vielleicht (mir weht, wie Westwind leise,
Eine stille Ahnung zu),
Schließ ich dieses Lebens Pilgerreise,
Fliege in das Land der Ruh.

Werdet ihr dann an meinem Grabe weinen,
Trauernd meine Asche sehn,
Dann, o Freunde, will ich euch erscheinen
Und will himmelauf euch wehn.

Schenk auch du ein Tränchen mir
Und pflücke mir ein Veilchen auf mein Grab,
Und mit deinem seelenvollen Blicke
Sieh dann sanft auf mich herab.

Weih mir eine Träne, und ach! schäme
dich nur nicht, sie mir zu weihn;
Oh, sie wird in meinem Diademe
Dann die schönste Perle sein!

Anmerkung: Joachim Heinrich Campe (1746 - 1818) war ein deutscher Schriftsteller, Sprachforscher, Pädagoge und Verleger zur Zeit der Aufklärung. Er schrieb eine Vielzahl von kleinen Werken für Kinder und Jugendliche von denen die meisten ins Französische übersetzt wurden.
Als das Lied "Abendempfindung an Laura" (KV 523) wurde das Gedicht von Wolfgang Amadeus Mozart vertont; datiert auf den 24. Juni 1787 in Wien, geschrieben zur Zeit der Oper "Don Giovanni" und "Eine kleine Nachtmusik".

 

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