GedichtGedichte

Das Gedicht „Arachne“ stammt aus der Feder von Gertrud Kolmar.

Wie du schrumpfend zum Mulme zerrinnst,
Wenn die lichtrote Gerte dich traf,
O du nebelweiches Gespinst
In den samtenen Wänden von Schlaf,
An den kupfernen Türen zum Traum
Und versteckt unterm Simse der Nacht,
Da der weite Forellenbirnbaum
Seine süßesten Früchte gedacht.

Wie der Faden sickert und sinkt,
Wie das Küglein haspelnd umflicht,
Bis die taublaue Fliege ertrinkt,
Nicht mit wehrendem Fuße mehr ficht,
Bis die taublaue Fliege erschlafft,
Die ich selbst, Verfallene, bin;
Mich wiegt eine seidene Haft,
Und die Stunde kriecht über mich hin.

Ich seh' eine zwergige Hand,
Und ich seh' einen winzigen Schuh;
In Körnern nieselt der Sand,
Stäubt krustend das Auge mir zu.
Ich falte mich müde genug,
Vom Spinnseil zittrig gedreht:
Der kleine gläserne Flug,
Der einst in Sonne verweht.

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