GedichtGedichte

Das Gedicht „Fülle der Zeit“ stammt aus der Feder von Carl Zuckmayer.

Des Sommers Mitte, halb schon überschritten,
Umspannt das Land mit Bögen seiner Pracht,
Durch die Augustus donnernd eingeritten –
Sternschnuppenschwärme folgten ihm zur Nacht –

Und all die frühen Früchte sind geerntet,
Das Korn geschnitten und das Gras gemäht.
Die Blumen, die ihr frühlings nennen lerntet,
Sind längst verweht und welkend ausgesät.

Hat je ein Duft wie Abendphlox geduftet?
Blaut´ je ein Tag so tief wie Eisenhut?
Sind nun die Sinne wurzelhaft entgruftet
Und trinken, vollmondgleich, aus reifster Flut?

Erfüllte Zeit! Wir opfern deiner Fülle,
Die uns mit Nächten ohne Stern umschwarzt.
Doch bald macht uns des Herbstes große Stille
Um so viel reicher, als du ärmer wardst.

Anmerkung: Carl Zuckmayer (1896 - 1977) war ein deutscher Schriftsteller und Drehbuchautor. Während des Nazi-Regimes emigrierte er in die Vereinigten Staaten, wo er seine Karriere fortsetzte, kehrte aber nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Europa zurück.
Carl Zuckmayer war eine führende Persönlichkeit der deutschen Literaturszene und erhielt zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, darunter den Goethe- und den Georg-Büchner-Preis sowie verschiedene Orden und die Ehrendoktorwürde der Universität Bonn.

 

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