GedichtGedichte

Das Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“ stammt aus der Feder von Dietrich Bonhoeffer.

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar, -
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr;

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach, Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das Du uns geschaffen hast.

Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus Deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann woll`n wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört Dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
die Du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen!
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen,
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Anmerkung: Dietrich Bonhoeffer (1906 - 1945) wurde im April 1943 von der Gestapo verhaftet und in Berlin Tegel inhaftiert. Von dort schrieb er am 19. Dezember 1944 an seine Verlobte Maria von Wedemeyer und fügte dem Brief „ein paar Verse, die mir in den letzten Abenden einfielen“, als „Weihnachtsgruß für Dich und die Eltern und Geschwister“ an.
Der Briefkontext erklärt, warum das Gedicht in der zwischenmenschlichen Anredeform beginnt („ich ... mit euch“), um erst im Verlauf der zweiten Strophe zum Wir-Gebet zu werden. Obwohl als Weihnachtsgruß bezeichnet, nimmt der Text keinen Bezug auf die Geburt Jesu, sondern blickt auf die Jahreswende und die ungewisse Zukunft voraus, die bei aller realen Gefahr von Gottes Vorsehung und Liebe bestimmt wird.

Die letzte Strophe, Von guten Mächten wunderbar geborgen, ist auch auf Grußkarten, Kerzen und anderen Frömmigkeitsgegenständen sowie als Grabspruch verbreitet.

 

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