GedichtGedichte

Das Gedicht „Morgen, Kinder, wird’s was geben“ stammt aus der Feder von Karl Friedrich Splittegarb.

Morgen, Kinder, wirds was geben!
Morgen werden wir uns freun!
Welche Wonne, welches Leben
Wird in unserm Hause sein;
Einmal werden wir noch wach,
Heißa, dann ist Weihnachtstag!

Wie wird dann die Stube glänzen
Von der großen Lichterzahl!
Schöner, als bei frohen Tänzen
Ein geputzter Kronensaal.
Wisst ihr noch, wie vor’ges Jahr
Es am heil’gen Abend war

Wisst ihr noch mein Räderpferdchen?
Malchens nette Schäferinn?
Jettchens Küche mit dem Herdchen,
Und dem blankgeputzten Zinn?
Heinrichs bunten Harlekin
Mit der gelben Violin?

Wisst ihr noch den großen Wagen,
Und die schöne Jagd von Blei?
Unsre Kleiderchen zum Tragen,
Und die viele Näscherei?
Meinen fleiß’gen Sägemann
Mit der Kugel unten dran?

Welch ein schöner Tag ist morgen!
Neue Freude hoffen wir.
Unsre guten Eltern sorgen
Lange, lange schon dafür.
O gewiss, wer sie nicht ehrt,
Ist der ganzen Lust nicht wert.

Nein, ihr Schwestern und ihr Brüder,
Lasst uns ihnen dankbar sein,
Und den guten Eltern wieder
Zärtlichkeit und Liebe weihn,
Und aufs redlichste bemühn,
Alles, was sie kränkt, zu fliehn.

Lasst uns nicht bei den Geschenken
Neidisch auf einander sehn;
Sondern bei den Sachen denken:
„Wie erhalten wir sie schön,
Dass uns ihre Niedlichkeit
Lange noch nachher erfreut?“

In manchen Drucken wird noch eine weitere Strophe unbekannter Herkunft eingeschoben:

Wisst ihr noch die Spiele, Bücher
Und das schöne Schaukelpferd,
Schöne Kleider, woll’ne Tücher,
Puppenstube, Puppenherd?
Morgen strahlt der Kerzen Schein,
Morgen werden wir uns freu’n.

Anmerkung: Der Text wurde 1795 vom Autor mit dem Titel "Die Weihnachtsfreude" veröffentlicht und etwa 10 Jahre später durch den Komponisten Carl Gottlieb Hering vertont.

Im Zuge der Aufklärung im frühen 19. Jahrhundert vollzog sich eine Wandlung bei den Weihnachtsliedern. Der sakrale Inhalt des Weihnachtsfests, die Geburt Jesu Christi (Ringelnatz), tritt in den Hintergrund, und stattdessen liegt der Schwerpunkt auf der Beschreibung der Vorfreude der Kinder auf die Bescherung.
Diese Vorfreude wird genährt durch die geschmückte Stube und die Erinnerung an die Geschenke des Vorjahres. Von einem Weihnachtsbaum, wie in den später entstandenen Liedern "O Tannenbaum" (1824) und "Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen" (1841), ist hier noch keine Rede.
Den Schluss bildet eine moralistische Mahnung, den Eltern dankbar zu sein, die – und nicht das Christkind oder der Weihnachtsmann – schon lange für das Fest sorgen.

 

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