GedichtGedichte

Das Gedicht „Besuch vom Lande“ stammt aus der Feder von Erich Kästner.

Sie stehen verstört am Potsdamer Platz.
Und finden Berlin zu laut.
Die Nacht glüht auf in Kilowatts.
Ein Fräulein sagt heiser: "Komm mit, mein Schatz!"
Und zeigt entsetzlich viel Haut.

Sie wissen vor Staunen nicht aus und nicht ein.
Sie stehen und wundern sich bloß.
Die Bahnen rasseln. Die Autos schrein.
Sie möchten am liebsten zu Hause sein.
Und finden Berlin zu groß.

Es klingt, als ob die Großstadt stöhnt,
weil irgendwer sie schilt.
Die Häuser funkeln. Die U-Bahn dröhnt.
Sie sind alles so gar nicht gewöhnt.
Und finden Berlin zu wild.

Sie machen vor Angst die Beine krumm.
Sie machen alles verkehrt.
Sie lächeln bestürzt. Und sie warten dumm.
Und stehn auf dem Potsdamer Platz herum,
bis man sie überfährt.

Erich Kästner

Analyse

Das Gedicht "Besuch vom Lande" (1929; Epoche der Neuen Sachlichkeit) besteht aus 4 Strophen mit je 5 Versen. Es folgt dem Reimschema [abaab]. Es liegt kein eindeutiges Versmaß vor.

Inhalt

Das Gedicht beschreibt das hektische Leben in der Großstadt Berlin und beschreibt dabei verschiedene Eindrücke, die sowohl kulturell-soziologische als auch technologische Akzente setzen.

Hintergrund

Erich Kästner (1899 -1974) war ein deutscher Schriftsteller, Dichter und Komiker, der vor allem durch Kinderbücher wie "Emil und die Detektive" und "Das doppelte Lottchen" (mehrfach verfilmt) bekannt wurde.

 

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