Inventur – Eich

Das Gedicht „Inventur“ stammt aus der Feder von Günter Eich.

Dies ist meine Mütze,
dies ist mein Mantel,
hier mein Rasierzeug
im Beutel aus Leinen.

Konservenbüchse:
Mein Teller, mein Becher,
ich hab in das Weißblech
den Namen geritzt.

Geritzt hier mit diesem
kostbaren Nagel,
den vor begehrlichen
Augen ich berge.

Im Brotbeutel sind
ein Paar wollene Socken
und einiges, was ich
niemand verrate,

so dient es als Kissen
nachts meinem Kopf.
Die Pappe hier liegt
zwischen mir und der Erde.

Die Bleistiftmine
lieb ich am meisten:
Tags schreibt sie mir Verse,
die nachts ich erdacht.

Dies ist mein Notizbuch,
dies meine Zeltbahn,
dies ist mein Handtuch,
dies ist mein Zwirn.

Anmerkung: Günter Eich (1907 - 1972) war ein Dichter, Dramatiker und Hörspielkomponist. Er studierte in Leipzig, Berlin und Paris. Während des Zweiten Weltkriegs war er in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Befreiung gründete er 1947 zusammen mit anderen Autoren die Gruppe 47. Er veröffentlichte zeitlebens Prosa, Lyrik und Hörspiele. Im Jahr 1953 heiratete er die österreichische Schriftstellerin Ilse Aichinger.

Weitere bekannte Schöne Gedichte namhafter Dichter, die sich der Lyrik verschrieben haben:

Pro Domo - John Höxter
Der rechte Weg - Franz Werfel
Sommerlied - Jacob Haringer
Das Mittelalter - Otto Heinrich Graf von Loeben