GedichtGedichte

Die besten Gedichte von Rainer Maria Rilke (1875 - 1926) - einem bedeutenden österreichischen Lyriker (Epoche der literarischen Moderne und "Dinglyrik") und Romancier.

Inhalt

Berühmte Gedichte

Schöne Gedichte

Bekannte Gedichte

Unbekannte Gedichte

Kurze Gedichte

Alle, die in Schönheit gehn,
werden in Schönheit auferstehn.
Quelle: Um die vielen Madonnen sind viele ewige Engelknaben

 

So laß uns Abschied nehmen wie zwei Sterne
durch jenes Übermaß von Nacht getrennt,
das eine Nähe ist, die sich an Ferne
erprobt und an dem Fernsten sich erkennt.

Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles.
Requiem, Für Wolf Graf von Kalckereuth

 

Im Schoß der silberhellen Schneenacht
dort schlummert alles weit und breit,
und nur ein ewig wildes Weh wacht
in einer Seele Einsamkeit.

 

Glücklich, die wissen, daß hinter allen
Sprachen das Unsägliche steht;
daß, von dort her, ins Wohlgefallen
Größe zu uns übergeht!

Unabhängig von diesen Brücken
die wir mit Verschiedenem baun:
so daß wir immer, aus jedem Entzücken
in ein heiter Gemeinsames schaun.

 

Du fragst, warum die Seele schwiege,
warum sies in die Nacht hinaus
nicht gießt? - Sie weiß, wenns ihr entstiege,
es löschte alle Sterne aus.

 

Edle Lyrik ist das beste Heilmittel gegen die nüchterne Unrast jeder Zeit. Aber homöopathisch muss sie verabreicht werden.

 


Rilke besondere Skepsis gilt der Glaubenswelt des Christentums. Schon als siebzehnjähriger Schüler schreibt er die provokanten Zeilen:

Ihr lippenfrommen Christen
Nennt mich den Atheisten
Und flieht aus meiner Näh;
Weil ich nicht wie ihr alle
Betöret in die Falle
Des Christentums geh.


Unser Wille ist nur der Wind,
der uns drängt und dreht;
weil wir selber die Sehnsucht sind,
die in Blüten steht.


Tanzt die Orange. Wer kann sie vergessen,
wie sie, ertrinkend in sich, sich wehrt
wider ihr Süßsein. Ihr habt sie besessen.
Sie hat sich köstlich zu euch bekehrt.
Die Sonette an Orpheus, Erster Teil, XV


Du darfst mir nicht ins Auge sehn,
du weisst nicht, wer ich bin, -
und durch den Felderfrühling gehn
wir doch zusammen hin.

Vielleicht enthüllt mein Auge sich.
Wir wandern weit zu zwein.
Führst du mich oder führ ich dich
ins Hirtental hinein?


Wir dürfen dich nicht eigenmächtig malen,
du Dämmernde, aus der der Morgen stieg.
Wir holen aus den alten Farbenschalen
die gleichen Striche und die gleichen Strahlen,
mit denen dich der Heilige verschwieg.

Wir bauen Bilder von dir auf wie Wände;
so dass schon tausend Mauern um dich stehn.
Denn dich verhüllen unsre frommen Hände,
sooft dich unsre Herzen offen sehn.


Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten uns einmal schön und mutig zu sehen. Vielleicht ist alles Schreckliche im Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will.


Das sind die Gärten, an die ich glaube:
Wenn das Blühn in den Beeten bleicht,
und im Kies unterm löschenden Laube
Schweigen hinrinnt, durch Linden geseigt.

Auf dem Teich aus den glänzenden Ringen
schwimmt ein Schwan dann von Rand zu Rand.
Und er wird auf den schimmernden Schwingen
als erster Milde des Mondes bringen
an den nicht mehr deutlichen Strand.


Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.
Schau, ich will nichts, als deine Hände halten
und still und gut und voller Frieden sein.

Da wächst die Seele mir, bis sie in Scherben
den Alltag sprengt; sie wird so wunderweit:
An ihren morgenroten Molen sterben
die ersten Wellen der Unendlichkeit.


Tage, wenn sie scheinbar uns entgleiten,
gleiten leise doch in uns hinein,
aber wir verwandeln alle Zeiten;
denn wir sehnen uns zu sein.


Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt.
Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.
Wer hat uns also umgedreht, daß wir,
was wir auch tun, in jener Haltung sind
von einem, welcher fortgeht? Wie er auf
dem letzten Hügel, der ihm ganz sein Tal
noch einmal zeigt, sich wendet, anhält, weilt –,
so leben wir und nehmen immer Abschied.


„Ich glaube, daß fast alle unsere Traurigkeiten Momente der Spannung sind, die wir als Lähmung empfinden, weil wir unsere befremdeten Gefühle nicht mehr leben hören. Weil wir mit dem Fremden, das bei uns eingetreten ist, allein sind, weil uns alles Vertraute und Gewohnte für einen Augenblick fortgenommen ist; weil wir mitten in einem Übergang stehen, wo wir nicht stehen bleiben können.“ [Rainer Maria Rilke, Briefe an einen jungen Dichter]

Grabspruch

Rose, oh reiner Widerspruch,
Lust, Niemandes Schlaf zu sein
unter soviel
Lidern.

Rilke starb am 29. Dezember 1926 im Alter von 51 Jahren im Sanatorium Valmont sur Territet bei Montreux und wurde am 2. Januar 1927 – seinem Wunsch entsprechend – in der Nähe seines letzten Wohnorts auf dem Bergfriedhof von Raron (Schweiz) beigesetzt.

 


Weitere kurze Gedichte


 

Übrigens: auf unserem Schwesterprojekt finden Sie berühmte Zitate von Rainer Maria Rilke und es gibt auch eine Themen Übersicht.

Steckbrief

René Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke ist weithin anerkannt als einer der lyrisch intensivsten deutschsprachigen Dichter. Er schrieb sowohl Verse als auch sehr lyrische Prosa. Mehrere Kritiker haben Rilkes Werk als "mystisch" bezeichnet (er wurde auch von Detlev von Liliencron beeinflusst). Zu seinen Schriften gehören ein Roman, mehrere Gedichtbände und mehrere Bände mit Korrespondenz, in denen er Bilder heraufbeschwört, die sich auf die Schwierigkeit der Gemeinschaft mit dem Unaussprechlichen in einer Zeit des Unglaubens, der Einsamkeit und der Angst konzentrieren. Diese Themen positionieren ihn als eine Übergangsfigur zwischen traditionellen und modernistischen Schriftstellern.

Rilke reiste ausgiebig durch Europa (u.a. Russland, Spanien, Deutschland, Frankreich und Italien) und ließ sich in seinen späteren Jahren in der Schweiz nieder - Orte, die für die Entstehung und Inspiration vieler seiner Gedichte entscheidend waren. Während Rilke am meisten für seine Beiträge zur deutschen Literatur bekannt ist, wurden über 400 Gedichte ursprünglich auf Französisch geschrieben und dem Kanton Wallis in der Schweiz gewidmet.
Unter englischsprachigen Lesern sind seine bekanntesten Werke die Gedichtsammlungen Duineser Elegien und Die Sonette an Orpheus, der semi-autobiografische Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge und eine Sammlung von zehn Briefen, die nach seinem Tod unter dem Titel Briefe an einen jungen Dichter veröffentlicht wurde. Im späteren 20. Jahrhundert fand sein Werk durch die Verwendung durch New-Age-Theologen und Selbsthilfe-Autoren und häufige Zitate in Fernsehsendungen, Büchern und Kinofilmen ein neues Publikum. In den Vereinigten Staaten gehört Rilke nach wie vor zu den populärsten und meistverkauften Dichtern. Zudem war er ein großer Bewunderer von Edgar Allan Poe.

Beeinflusst durch die Philosophen Schopenhauer und vor allem Friedrich Nietzsche, ist Rilkes Werk durch eine scharfe Kritik an der Jenseitsorientierung des Christentums und an einer einseitig naturwissenschaftlich-rationalen Weltdeutung geprägt.

Bekannte Gedichte renommierter Poeten, die sich der Lyrik verschrieben haben: